Das Team des WPE: MTRA
Sie sind wichtige Ansprechpartner für Patienten und Angehörige, Experten in vielen unterschiedlichen Bereichen und versorgen manchmal sogar Kuscheltiere – die MTRA, die Medizinisch-technischen Radiologieassistenten des WPE. Annelie Ender und Kristina Seifert sind Teil des 22-köpfigen Teams rund um ihre Leiterin Claudia Lamberti, und beide schätzen an ihrer Arbeit vor allem eines: die Kombination aus dem unmittelbaren, täglichen Umgang mit Menschen und der Nutzung hochmoderner, präziser Technik. Eine Kombination, die mittlerweile auch immer mehr Männer für den Beruf begeistert.
„Mir war eigentlich schon immer klar, dass ich irgendetwas mit Menschen machen wollte. Aber eben nicht Krankenschwester, denn Physik und Mathe mag ich nun einmal auch sehr“, erinnert sich Kristina Seifert. Die Ausbildung zur MTRA in den drei Fachgebieten Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin schien da genau passend. Ähnlich ging es Annelie Ender. Während diese ihre dreijährige Ausbildung in Theorie und Praxis in ihrer Heimat Thüringen absolvierte, lernte Seifert direkt am Universitätsklinikum Essen – inklusive Praktikum am WPE. „Damals habe ich festgestellt, dass die Arbeit hier nicht nur Spaß macht, sondern dass die medizinische Versorgung am WPE tatsächlich auch etwas Besonderes ist; etwas, das es noch nicht so oft in Deutschland gibt.“
Seit 2014 gehört die 26-Jährige zum Team; Ender (28) ist seit gut zwei Jahren dabei. Und in dieser Zeitspanne konnten beide eine durchaus interessante Entwicklung beobachten: „Wir haben mit insgesamt sechs Kollegen tatsächlich mittlerweile eine ganz gute Männerquote, was für medizinische Berufe nicht selbstverständlich ist.“ Zu oft, so Ender, stecke in den Köpfen noch das alte Vorurteil „dass nur Frauen assistierende Berufe in der Medizin ergreifen, dass es eben nur Krankenschwestern und Arzthelferinnen gibt“. Doch gerade die technischen Aspekte der MTRA-Tätigkeit hätten mit derart überholten Vorstellungen aufgeräumt. Seifert: „Wir haben hier sehr viele verantwortungsvolle Aufgaben. Die MTRA führen die Computertomografien und Magnetresonanztomografien durch, auf denen die Ärzte und die Physik die Bestrahlungsplanung aufbauen. Wir sind aber auch für die tägliche Durchführung der Bestrahlung an unterschiedlichen Bestrahlungsgeräten zuständig.“
Mehr noch: „Die konventionelle Strahlentherapie steckt ja quasi schon längst in den festen Erwachsenenschuhen, da wird deutlich weniger verändert. Das WPE jedoch ging erst 2013 an den Start und ist seitdem in viele Studien eingebunden. Die Technik wird ständig weiterentwickelt, es wird geforscht und optimiert, sodass immer weitere Indikationen behandelt werden können“, resümiert Ender. Und Kristina Seifert ergänzt: „Auch als Mitarbeiter kann man am WPE quasi etwas mit aufbauen, das war für mich von Beginn an besonders interessant; ich bin nicht in eine alten, zementierten Betrieb hineingekommen, sondern in ein innovatives Zentrum, das sich immer weiterentwickelt und in dem man nicht in starre Arbeitsroutine verfällt.“
Hochmoderne Präzisionstechnik ist das eine. Das andere: die Menschen. Annelie Ender: „Ich habe zuvor fünf Jahre in der konventionellen Strahlentherapie gearbeitet und hatte dort beinahe ausschließlich mit Patienten der Altersgruppe 50plus zu tun. Am WPE ist das etwas anders; hier arbeiten wir mit Patienten sehr unterschiedlichen Alters zusammen, was die eigenen Aufgaben interessanter und auch herausfordernder macht. Etwa 70 Prozent der Menschen, die zu uns kommen, sind unter 25 Jahren. Mit Kindern hatte ich früher beruflich nie etwas tun. Das ist hier ganz anders.“ Eine Herausforderung, auf die die Berufsschule nicht unbedingt vorbereiten könne: „Gerade bei sehr ängstlichen Patienten – Erwachsenen wie Kindern – kommt es darauf an, sich flexibel an die Situation anzupassen und auf diese Ängste einzugehen, statt Routine abzuspulen. Einer unserer Kollegen hat sich zum Beispiel einfach mal als Roboter verkleidet und so die angespannte Situation ruckzuck entschärft. Humor hilft bei unserer Arbeit übrigens ungemein, denn selbst die jüngsten Krebspatienten wollen vor allem eines nicht – bemitleidet werden.“
Beide sehen ihre Aufgabe zudem in einer Art „Übersetzungsleistung“: „Wir gehen vorab auf alles ein, erläutern, was wir wann tun, wie die Technik funktioniert, mit welchen Geräuschen zu rechnen ist“. Und wenn es sein muss, wird am Vortag das Ganze auch schon einmal durchgespielt. „Uns kommt es nicht nur darauf an, unsere Arbeit gut zu machen. Wir wollen auch, dass sich die Patienten wohlfühlen“, sagt Seifert. Um sich in die Patienten hinein fühlen zu können, haben die beiden MTRA sich sogar schon selbst mit Masken lagern lassen – jene Masken, die für eine optimale Lagerung im Kopf-Hals-Bereich angefertigt werden und auf denen die Bestrahlungsregion markiert wird. „Das ist schon wie eine zweite Haut, und man muss sich daran gewöhnen, dass man sich nicht bewegen kann. Aber dadurch, dass wir wissen, was die Patienten fühlen, können wir ihnen auch besser die Angst nehmen und auf sie eingehen.“
Überhaupt: die Lagerung. Bei einer derart millimetergenauen Bestrahlungsform wie der Protonentherapie ist eine optimale, während der gesamten mehrwöchigen Behandlungszeit stets absolut gleiche Position der Patienten unbedingte Voraussetzung. Ärzte, Physik und MTRA arbeiten deshalb gemeinsam an exakten Bestrahlungsplänen für jeden einzelnen Patienten. Ender: „Mit der Genauigkeit der Planung steht und fällt die Therapie. Deshalb sind wir da sehr sorgfältig und nehmen uns viel Zeit; der Patient kann dann auch Fragen stellen kann und fühlt ich nicht abgefertigt.“ Hilfsmittel der MTRA sind unter anderem spezielle Lagerungs- oder Vakuumkissen und eben die typischen grünen Netzmasken aus Plastik, die individuell für die Patienten angefertigt werden. Die kürzere Variante bedeckt Kopf und Gesicht. Für Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren reicht die Maske manchmal bis zu den Schultern, weil dann auch die Lymphabflussgebiete stabilisiert und markiert werden können. „Wir sind wirklich ein bisschen pingelig mit unseren Lagerungsmitteln“, lächelt Ender in sich hinein – und setzt ernst nach: „Tatsächlich verfolgen wir den gesamten Prozess millimetergenau und machen jeden Tag Kontrollaufnahmen, um immer wieder die exakte Position sicherzustellen. Nur so kann der Tumor genau bestrahlt und das gesunde Gewebe bestmöglich geschont werden.“
Der Patientenkontakt ist sehr eng und bringt manchmal auch schwere Momente mit sich – beispielweise wenn sehr junge Patienten betroffen oder Angehörige verzweifelt seien. „Doch die Glücksmomente wiegen diese schwierigen Augenblicke allemal wieder auf. Wenn ein Kind nach Monaten zur Nachsorge kommt und einem dann schon im Wartebereich mit offenen Armen entgegenrennt, dann weiß ich, warum ich diesen Job mache“, resümiert Annelie Ender.
Hilfreich sei auch die Kameradschaft im WPE-Team selbst. Kristina Seifert: „Unser Team ist sehr jung, und wir sagen immer, dass die Arbeit hier ein bisschen ist, wie Freunde zu treffen – eben nur immer am gleichen Ort. Aber wenn es wirklich mal schwierige Situationen gibt, an denen man selbst zu knabbern hat, dann fangen einen die Kollegen wieder auf.“ Und auch hier gelte: „Humor und Freude bei der Arbeit helfen ungemein.“
Die zahlreichen selbstgemalten Bilder, die Fotos und Dankesschreiben von Erwachsenen und Kindern in den Vorräumen der vier Behandlungsräume und im Aufenthaltsraum der MTRA zumindest zeugen davon, dass dieses Konzept offenbar auch für die Patienten des WPE aufgeht.