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Übersicht: Erstellt am: 31.03.2020

Sakrale Chordome sind Tumoren, die am Knochen auftreten und vorwiegend das Stammskelett betreffen – also Schädelbasis, Wirbelsäule, Kreuz- oder Steißbein. Da die Erkrankung sehr selten ist, ist ein länderübergreifender Austausch über Behandlungsoptionen unerlässlich für die langfristige Optimierung der Therapie. Seit Dezember 2019 ist das WPE verantwortlich für die deutschlandweite Umsetzung der internationalen SACRO Studie, die von der italienischen Sarkom-Gruppe (Italian Sarcoma Group) initiiert wurde. SACRO vergleicht die Wirksamkeit zweier unterschiedlicher Modalitäten für die Behandlung von Chordomen des Kreuzbeins: die definitive Strahlentherapie mit Partikeln und die chirurgische Entfernung des tumortragenden Knochenabschnitts. Das WPE beginnt aktuell mit der Rekrutierung von Patientinnen und Patienten.

„Die Ergebnisse dieser auf insgesamt zehn Jahre angelegten Studie werden in Zukunft eine bessere Einschätzung des Nutzens und der Risiken verschiedener Behandlungsmodalitäten für sakrale Chordome ermöglichen“, fasst Prof. Beate Timmermann, Direktorin der Klinik für Partikeltherapie und Ärztliche Leiterin des WPE, die Ziele der SACRO Studie zusammen. Neben der Wirksamkeit der jeweiligen Behandlungsoption steht dabei auch die Themen langfristige Verträglichkeit und Lebensqualität auf dem Prüfstand – der Nachbeobachtungszeitraum beträgt für alle Teilnehmenden daher jeweils insgesamt zehn Jahre.

Sowohl ein chirurgischer Eingriff als auch eine Hochdosis-Strahlentherapie haben das Potenzial zur Heilung und sind derzeit für die Behandlung von lokal begrenzten Chordomen des Kreuzbeins gängiges Vorgehen. Beide Verfahren haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. So hat sich die operative Resektion des tumortragenden Knochenabschnitts im Hinblick auf eine nachhaltige Tumorkontrolle durchaus bewährt. Eine OP kann allerdings auch mit operationsbedingten Einschränkungen einhergehen, die beispielsweise den Darm, die Blase oder die Beweglichkeit der Beine betreffen können. Zudem lassen sich nur etwa in der Hälfte aller Fälle ausreichend tumorfreie Operationsränder generieren und müssen dann unter Umständen zusätzlich noch bestrahlt werden, damit sich das Risiko von Lokalrezidiven nicht erhöht. „Der Tumor kann auch noch Jahre nach der ersten OP wieder auftreten.“ Die mögliche Alternative: Eine hochkonformale, hochdosierte Strahlentherapie. Prof. Timmermann: „Unter Anwendung einer definitiven, das heißt nicht von einer Operation begleiteten Bestrahlungstherapie kann die Funktionsfähigkeit der lokalen Nerven, die für den Darm, die Blase und die periphere Motorik zuständig sind, möglicherweise besser erhalten werden. Die Bestrahlung wird oft als Protonen- oder Schwerionentherapie durchgeführt, weil bei diesen Tumoren besonders hohe Bestrahlungsdosen für eine langfristige Tumorkontrolle eingesetzt werden müssen.“ Damit bergen sowohl die Operation als auch eine Bestrahlung Risiken, so dass die langfristigen Nebenwirkungen untersucht werden müssen – und unter anderem an diesem Punkt setzt die SACRO Studie an.

Studienteilnehmende können sich nach ausführlicher Information frei für entweder eine definitive Strahlentherapie oder eine Operation entscheiden, letztere mit oder ohne anschließende Bestrahlung, je nachdem, ob der Tumor vollständig entfernt werden konnte oder nicht. Auf eine zufällige Zuordnung der Patientinnen und Patienten auf eine der beiden Untersuchungsgruppen wird in den deutschen Studienzentren, anders als in anderen an SACRO beteiligten Ländern, bewusst verzichtet. Art und Umfang der jeweiligen Therapie entsprechen natürlich jeweils den geltenden Standards bzw. der klinischen Routine. Eine engmaschige Verlaufskontrolle ist Pflicht; erstmalig werden die Studienteilnehmenden sechs Monate nach der Behandlung wieder zur Kontrolle vorstellig; danach über fünf Jahre jeweils halbjährig; weitere fünf Jahre lang einmalig pro Kalenderjahr. Langfristig sollen die gewonnenen Erkenntnisse so zur Etablierung besserer Therapiestandards und der Entwicklung neuer Studienkonzepte beitragen. „Über ihre Studienteilnahme und ihre individuellen Behandlungsergebnisse können uns Chordom-Patienten auf diese Weise dabei unterstützen, die Behandlung dieser extrem seltenen Krankheit in Zukunft zu verbessern. Wir freuen uns darauf, dieses wichtige Projekt mit den anderen Europäischen Expertinnen und Experten umsetzen zu können“ so Prof. Dr. med. Beate Timmermann.

Weitere Informationen: www.italiansarcomagroup.org